Bild 33: Auf dem Transparent steht: " - wir Kunstblumenarbeiter fordern:
Deutschland braucht einen Friedensvertrag!" Der Text dieser Forderung
hängt mit dem Berlin-Ultimatum (siehe Bild 32, 34 und "Mauerbau") zusammen.
Zwei Monate nach dem Ultimatum bezüglich des Status von West-Berlin hatte
die Sowjetunion den Entwurf eines Friedensvertrages mit Deutschland vorgelegt.
Danach sollten die beiden deutschen Staaten zu einem militärisch neutralen
Staat fusionieren und dabei das politische System der Bundesrepublik dem
der DDR angenähert werden - freie Wahlen waren nicht vorgesehen. Alternativ
zu diesem (für die westliche Seite inakzeptablen) Vorschlag kündigte die
Sowjetunion einen separaten Friedensvertrag mit der DDR an. Das wäre für
die SED-Führung die attraktivere Lösung gewesen, da sie Erhalt und Aufwertung
des Staates DDR zugleich bedeutet hätte. In der Propaganda wird dies freilich
nicht offengelegt. Auf dem Marktplatz der sächsischen Kleinstadt bekommt
das Zitat aus der "großen Politik" seinen eigenen Stellenwert. Einerseits
markieren Formulierung und Schreibweise " - wir Kunstblumenarbeiter..."
dieses Aufgreifen der Forderungen von SED und KPdSU als eine von vielen
Stimmen aus dem Volk. Andererseits bleibt offen, ob die "Kunstblumenarbeiter"
(weibliche Endungen waren bei vielen Berufsbezeichnungen in der DDR unüblich),
für die dieses Plakat spricht, solche Losungen nicht auch mit eigenen
Vorstellungen von einer Wiedervereinigung Deutschlands verbanden. |