Lebensdaten
des Journalisten
Hans-Joachim (Ha-Jo) Helwig-Wilson |
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1931 |
Geb. in Berlin |
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Nach dem Krieg |
Lehrling bei der Reichsbahn in Ost-Berlin |
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1950 | Umzug nach
West-Berlin Eintritt in die SPD. Beginn der journalistischen Tätigkeit bei der Ostzonenredaktion des "Telegraf" |
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Bis 1958 | als Journalist für verschiedene Agenturen tätig | |
1958 - 1961 | Freischaffend - vor allem als Bildjournalist mit Schwerpunkt Ost-Berlin und DDR; Akkreditierung für eine britische Presseagentur beim Presseamt des Ministerpräsidenten der DDR | |
August 1961 | Nach dem Mauerbau Opfer eines Menschenraubs: bei einem Termin in Ost-Berlin vom Staatssicherheitsdienst verhaftet | |
Februar 1962 | Verurteilung zu 13 Jahren Zuchthaus wegen des Vorwurfs der Spionage und Hetze durch das Bezirksgericht Frankfurt/Oder; schwerwiegende Erkrankung in der Haft | |
Mai 1965 | Freikauf durch die Bundesregierung und Rückkehr nach West-Berlin, belastet durch bleibende gesundheitliche Schäden | |
1967 - 1993 | Hauptberuflicher Mitarbeiter der Presseabteilung des Senats von Berlin; freiberufliche Tätigkeit als Journalist. Vorstandsmitglied im SPD-Arbeitskreis ehemaliger politischer Häftlinge der SBZ/DDR; derzeit dessen Vorsitzender | |
1992 | Rehabilitierung durch das Bezirksgericht Potsdam | |
1999 | Anerkennung der gesundheitlichen Haftfolgeschäden | |
2009 | gestorben in Berlin | |
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Zehn Fragen an ........ Helwig-Wilson Herr Helwig-Wilson, fotografieren Sie auch heute noch? Ja, aber nur zu privaten Zwecken. Ich entwickle die Fotos auch nicht mehr selbst, wie ich es früher immer getan habe. Wie sind Sie zur Fotografie gekommen? Mehr durch Zufall. Ein Bekannter von mir, der Fotograf war, hat mich oft bei seiner Arbeit mitgenommen und gemeint, daß man mit Fotos immer und überall sein Geld verdienen könne. Und als sich zeigte, daß ich ein gewisses Talent besaß, hat sich aus dem Hobby ein Beruf entwickelt. Der Bekannte hat im Übrigen auch Recht behalten. Ich konnte immer genug Fotos verkaufen, um mich und meine Familie zu ernähren. Pro Aufnahme bekam man Ende der 50er Jahre 25 DM. Vier Fotos pro Tag mußte und konnte ich im Schnitt immer verkaufen. Welche Kameras verwendeten Sie für Ihre Arbeit? Eine Rollei, 6x6 und für Kleinbild eine Pentacon. Auf den Bildern sind auffällig viele Frauen und Kinder zu sehen, gibt es dafür eine Erklärung? Ach, wissen Sie, Männer sind langweilig im Vergleich zu Frauen und mit Kindern wird doch gerne "politische Werbung" gemacht. Kinder machen Fotos erst lebendig; politische Slogans allein kann man nicht verkaufen. Aber auch bei den Kinderaufnahmen handelt es sich - wie bei allen anderen meiner Fotos - nie um gestellte Bilder. Darauf lege ich großen Wert. Brauchten Sie für Ihre Aufnahmen im Ostteil der Stadt eine Erlaubnis? Ich war beim Presseamt des Ministerpräsidenten der DDR als Journalist akkreditiert. Zu offiziellen Anlässen wurde ich eingeladen und durfte dort auch fotografieren. Bei Veranstaltungen habe ich mich immer bei der Organisationsleitung gemeldet, um zu erfahren, ob Bedenken gegen meine Berichterstattung bestehen. Auf der Straße habe ich aber einfach so geknipst; negative Reaktionen von den Leuten hat es eigentlich nie gegeben. Ich bin - im Gegensatz zu vielen Kollegen - immer zu Fuß auf Motivsuche gegangen und habe mir viel Zeit gelassen. Manchmal habe ich mehrere Stunden auf den richtigen Augenblick gewartet. Sind Sie mit den Menschen während Ihrer Arbeit in Kontakt bekommen? Manchmal schon, wenn ich zum Beispiel an der Grenze fotografierte, habe ich vorher immer um Erlaubnis bei den Grenzbeamten gefragt. Selten haben sie "nein" gesagt. Es gab so eine Art stillschweigende Übereinkunft: ich dürfte fotografieren und wenn ich ging, ließ ich eine Packung Zigaretten fallen. Die haben dann gewartet, bis ich weg war, damit ich sie nicht beim Aufheben der Schachtel fotografiere. Aber das hätte ich so oder so nie gemacht. Welche Intention hatten sie bei der Motivauswahl? Ich wollte den Zeitungslesern im Westen ein Bild davon geben, wie die Verhältnisse im Osten waren; unter welchen Bedingungen die Menschen dort lebten. Fotos lügen nicht, das ist auch ein Grund warum ich das Foto dem Text vorziehe. Um eine bestimmte politische Tendenz ist es mir nicht gegangen. Trotzdem wurden Sie 1961 auf Grund Ihrer Arbeit inhaftiert. Ja, aber selbst die Stasi hat anerkannt, daß meine Fotos, die ich mit einem kurzen Begleittext versehen habe, immer der Wahrheit entsprachen. Das Verbrechen lag allein darin, daß ich für westdeutsche und englische Zeitungen gearbeitet habe. Einmal allerdings habe ich ein Bild an das innerdeutsche Ministerien weitergegeben, auf dem man sehen konnte, daß zwischen Ostberlin und Ostdeutschland Grenzschilder existierten. Die hielten das für so aufsehend erregend, daß sie das Foto zum Bundeskanzleramt weiter reichten. Das wurde mir später dann im Gefängnis vorgeworfen. Für welche Zeitungen haben Sie gearbeitet ? Für eine britische Agentur und über ein Verteilersystem prinzipiell für alle westdeutschen Zeitungen. Exklusivrechte für den Meistbietenden gab es bei mir nicht. Es kam mir auf eine möglichst breite Streuung der Bilder an. Also doch ein politischer Aspekt Ihrer Arbeit? Ich war nie ein Freund von Ideologien, weder als Junge in der Nazizeit, noch später während der SED-Herrschaft. Ich habe zu oft erlebt, wie Unschuldige verfolgt wurden. |